Wer Rinder artgerecht hält, stand bisher am Tag der Schlachtung vor einem Dilemma, denn das Rind musste im Schnelldurchlauf all das erleben, was man ein Leben lang von ihm ferngehalten hatte: Isolation aus der Herde, Transport, Entladung auf dem Schlachtbetrieb, einsperren in die Betäubungsbox, ggff. Fixierung des Kopfes zur Betäubung durch den Bolzenschuss. Nicht nur für ein Tier, das ganzjährige Weidehaltung gewohnt ist, eine enorme Qual. Weiderinder reagieren aber auf die gänzlich neue Situation noch extremer. Das ist nicht zuletzt auch eine Qualitätseinbusse für das Fleisch.
Erleben Rinder durch Transport und Schlachtung Stress, kommt es zur Ausschüttung von Glycogen sowie von ATP in den Muskeln des Tieres die nach der Schlachtung für die Fleischreifung fehlen. Das Ergebnis nennt sich DFD-Fleisch, „ein dunkles (engl.: dark), festes (firm) und trockenes (dry) Fleisch, welches nur noch für wenige Produkte (z.B. Brühwurst) verwendet werden kann“. (Wikipedia)
Wollte man seinen Tieren diese Prozedur ersparen, musste man sich bis November 2012 in die Ilegalität flüchten. Doch es kommt Bewegung in die Gesetzgebung: In Deutschland vergeben entsprechend der geänderten EU-Richtlinien, die zuständigen Kreisveterinäre (Erlaubnis Schlachtung im Haltungsbetrieb) sowie die Ordnungsbehörde (Schiesserlaubnis) Ausnahmegenehmigungen für den Kugelschuss und das Ausbluten auf der Weide. Mehrere Universitäten forschen zur Weideschlachtung, darunter auch die Universität Kassel; überregionale Presse wie die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel berichten über die Weideschlachtung von Rindern.
Seit dem 17. September 2013 haben wir ebenfalls die offizielle Genehmigung unsere Rinder auf der Weide durch Kugelschuß mit einem geziehlten Kopfschuss zu betäuben und anschliessend auf der Weide ausbluten zu lassen. Wer einmal erlebt hat, wie friedlich und entspannt alle Tiere der Herde auf den Tod eines Artgenossen reagieren, wird es möglichst vermeiden seine Rinder in einen Schlachthof zu bringen. Für das auf der Weide geschlachtete Tier geht es meist derart schnell und unvorhersehbar, dass es die Henkersmahlzeit aus Brötchen, Hafer oder Rüben nicht mehr herunterschluckt.
Tilman Schöffel und Dr. Rainer sind beide Jäger und sichere Schützen. Trotzdem haben sie einen zusätzlichen Sachkundelehrgang für den Kugelschuss und die Schlachtung auf der Weide absolviert. Unser Schlachter Jörg Deibel ist bei jeder Weideschlachtung anwesend und garantiert das fachgerechte und hygienische Ausbluten des Rindes. Erst das tote, ausgeblutete Rind wird zur Weiterverarbeitung ins Schlachthaus gefahren. Das Fleisch bestätigt den Eindruck – keine Anzeichen von Stress.
Wir fühlen eine starke Verantwortung unseren Rindern von Geburt bis zum Tod ein würdevolles und artgerechtes Leben zu ermöglichen. Deshalb haben wir nicht zuletzt aus Gründen des Tierschutzes dieses Verfahren gewählt. Denn obwohl unsere Tiere ganzjährig im Freien gehalten werden, legen wir Wert auf engen Kontakt und ihre Umgänglichkeit. Nur so gelingt ethisch vertretbarer und qualitativ hochwertiger Fleischgenuss.
Der schweizer Landwirt Nils Müller hat ein Filmteam von bioaktuell.ch eine Wedeschlachtung dokumentieren lassen. Der Ablauf und das Verhalten der Tiere entspricht genau unseren Erfahrungen.